Internationales Jazzfestival Leibnitz 2014

Zwischenbilanz und Perspektiven

Das Internationale Jazzfestival Leibnitz 2014 ist Geschichte.

Und Geschichte im Leibnitzer Kulturleben geschrieben hat dabei wohl die Sängerin Dee Alexander, die zum finalen Höhepunkt am Samstag das Publikum im vollen Hugo Wolf-Saal des Kulturzentrums vom Fleck weg enthusiasmierte und bei ihrem Österreichdebüt mit einem berückend einnehmenden Konzert für Jubel sorgte. Schließlich wurde die anmutige Jazz-Diva aus Chicago mit zwei Zugaben und standing ovations verabschiedet. Für uns auch ein Wink für die nächste Festivalausgabe.

Nach drei Tagen mit sechs exklusiven Konzerten dürfen wir für die zweite Festivalausgabe unter neuer Leitung und Konzeption nun auch sonst zufrieden Bilanz ziehen.

Immerhin konnten wir gegenüber dem Vorjahr sowohl die Besucherzahlen wie auch die Medienpräsenz steigern und erfüllten die mit Spannung erwarteten Highlights allesamt die hohen musikalischen Erwartungen.

Zu überprüfen wird das in den nächsten Wochen und Monaten im Radio sein. Denn alle Konzerte wurden vom ORF mitgeschnitten und werden für Sendungen in Ö1, Radio Steiermark und im WDR (Westdeutscher Rundfunk) vorbereitet. Über die jeweiligen Sendetermine werden wir noch rechtzeitig informieren.

Als besondere Attraktion für den Eröffnungsabend erwies sich wieder der riesige stimmungsvolle Weinkeller auf Schloss Seggau, der mit zwei kammermusikalisch intimen Konzerten geradezu atmosphärisch aufgeladen wurde.

Mit den zwei ausverkauften Kinderkonzerten wurden wir zudem gewissermaßen von selbst zur Fortsetzung dieser erstmals durchgeführten Programmschiene  aufgerufen.

Glücklich schätzen durften wir uns auch über den allgemeinen Rückhalt und die vielfältige Unterstützung in der regionalen Bevölkerung, ohne die ein solches Festival mit einem eklatanten Sparbudget nicht durchführbar wäre.

Nach dem Festival ist vor dem Festival.

Und so stehen wir schon wieder mitten in den Planungsarbeiten für 2015, die sich freilich auch an den Erfahrungen der ersten beiden Festivalausgaben orientieren werden. Das betrifft etwa die Fortsetzung der Kinderkonzerte, den finalen Stargast oder auch gewisse aufgegangene Werbestrategien.

Das Konzept selbst wurde unter der Leitung des Grazer Konzertveranstalters und Journalisten Otmar Klammer im Mai 2013 entwickelt und sieht eine schrittweise Entwicklung des Festivals in Richtung internationaler Wahrnehmbarkeit vor. Ein scharfes inhaltliches Profil im Verein mit einer engen touristischen Verbindung zur Weinkultur der südsteirischen Region soll das Festival mittelfristig zu einer markanten Attraktion im österreichischen Kulturgeschehen machen.

Daher wurde der Austragungszeitraum des Festivals für die erste Aufbaustufe auch mit dem zweiten Oktoberwochenende (jeweils Donnerstag bis Samstag), also mitten in der Weinsaison, festlegt.

Womit sich die große Herausforderung ergibt, für ein breites Publikum ein künstlerisch anspruchsvolles Programm mit internationaler Starbesetzung abseits des Mainstreams auf die Beine zu stellen.

Inhaltlich orientiert sich das Festival an den Trends des zeitgenössischen Jazz mit Bedachtnahme auf die besondere Atmosphäre im Weinkeller und die Kapazitäten des Hugo Wolf-Saales im Kulturzentrum einerseits und eben ein größeres Publikum andererseits. Penible Konzentration auf hohe musikalische Qualität erfordert dabei die Balance zwischen Herausforderung und Zumutbarkeit, zwischen Bildungsauftrag und innovativem Hörerlebnis.

Der große Erfolg der beiden ersten Ausgaben im Allgemeinen und das Experiment mit dem einzigartigen Weinkeller auf Schloss Seggau als Austragungsort am Eröffnungstag im Besonderen bestätigen den eingeschlagenen Kurs der ersten Planungsstufe.

Programm 2014

EUROPEAN JAZZ TRIO

Bild: Photoart Hans Joachim Maquet

EUROPEAN JAZZ TRIO (CZ / D)

Do, 2. Oktober 2014 um 19:00 Uhr, Weinkeller, Schloss Seggau

Jiri Stivi (flutes, alto saxophone), Gerd Dudek (tenor + soprano saxophones), Ali Haurand (doublebass)

Ein Trio, das diesen Namen trägt, darf nicht bloß eines sein, das einfach einen Meldezettel in Holland oder sonstwo in Europa ausgefüllt hat. Dieses Trio ist tatsächlich ein Gipfeltreffen dreier europäischer Haudegen, die drei Mal europäische Jazzgeschichte geschrieben haben.

Jiri Stivin gilt heute international als einer der besten Jazzflötisten wie auch als ein weithin hochgeschätzter Interpret von Renaissance- und Barockmusik. Wie kaum ein anderer verkörpert er auch die Tradition des böhmischen Musikantentums. Mit Hingabe und Intellekt setzt sich der glänzende Virtuose über alle Kategorien hinweg.

Saxophonist Gerd Dudek, dessen Karriere vom deutschen Cool Jazz der frühen 1960-er über die Avantgarde und Experimente mit Alex von Schlippenbachs Globe Unity Orchestra bis hin zu Aufnahmen mit Lester Bowie, Joachim Kühn und Dexter Gordon reicht, ist ohnehin der lebende Beweis dafür, dass Stilsicherheit und stilistische Offenheit kein Widerspruch sind.

Und Ali Haurand, der „Chevalier de l’Ordre des Arts et des Lettres“ (Kunstpreis Frankreich 2005), hat als Bassist und Bandleader des European Jazz Ensemble und mit Charlie Mariano Musikgeschichte geschrieben und schlägt in diesem unnachahmlichen Trio mit Jiri Stivin und Gerd Dudek ein neues Kapitel dazu auf. Lautend auf Tradition und Erneuerung, Spiritualität und Message.

TRIO KORNAZOV-CODJIA-TAMISIER

Bild: Emanuelle Vial

TRIO KORNAZOV-CODJIA-TAMISIER (F)

Do, 2. Oktober 2014 um 20:30 Uhr, Weinkeller, Schloss Seggau

Geoffroy Tamisier (trumpet), Gueorgui Kornazov (trombone), Manu Codjia (guitar)

Ein wohl einzigartig besetztes Trio aus der kosmopolitischen Pariser Jazzszene, eines, das harmonisch abgeklärt ganz ohne Rhythmussektion auskommt, ein Trio, das wie ein Kollektiv aus drei Komponisten arbeitet. Seine Poesie ist das Ergebnis einer zehnjährigen Zusammenarbeit. Dabei rührt die unprätentiöse Originalität der Franzosen nicht wirklich von der Besonderheit der Instrumentierung, sondern vor allem von der Interaktion der drei Stilisten her.

Das besonnene Trio spielt Musik, die einmal viel Raum erschließt und atmet, dann aber wieder hochkonzentriert auf einer Briefmarke bezaubern kann. Kurze kammermusikalische, geschickt angeordnete Piecen in einer bisweilen soundtrackartigen Atmosphäre.

Musik, deren Subtilität in allen Details zwar ein gerüttelt Maß an Aufmerksamkeit erfordert, aber auch einfach magisch wirken kann, wenn das Trio in ruhigeren Passagen sogar an den Ufern der modernen französischen Musik segelt, wo die Herren Debussy, Ravel oder Fauré auftauchen. Melodisch gewiss, impressionistisch bisweilen.

Der aus Bulgarien stammende, mehrfach preisgekrönte Posaunist Gueorgui Kornazov ist hierzulande vor allem als Mitglied des verwichenen Vienna Art Orchestra und mit seiner Band Horizons bekannt, mit der er die Musik des Balkans mit den amerikanischen Wurzeln des Jazz verbindet. Seit langem ist der Virtuose auch Mitglied von Henri Texier´s Strada Sextet, genauso wie Gitarrist Manu Codjia, der auch in Diensten von Frankreichs führenden Jazzmusikern wie Erik Truffaz und Daniel Humair steht. Und Geoffroy Tamisier kann man heute schon ungeniert als so etwas wie den französichen Kenny Wheeler bezeichnen.

 

Oliver Steger

Bild: Helmut Lackner

JAZZ FÜR KINDER (A)

Fr, 3. Oktober 2014 um 10:00 und 15:30 Uhr, Carl Rotky-Saal, Leibnitz

Helmut Schuster (Schauspiel, Moderation), Gabriela Horn (Gesang), Heimo Trixner (Gitarre).
Oliver Steger (Bass, Libretto, Musik)

Erstmals wird es beim dreitägigen Jazzfestival Leibnitz auch ein Kinderprogramm geben, das mit seinem humorvollen, musikalisch-didaktischen Zugang zur Jazzgeschichte für alle Altersstufen geeignet ist. „Und auch für Erwachsene“, wie uns Oliver Steger, Bassist, Komponist und singulärer Spezialist für jazzmusikalische Kinderprogramme, wissen lässt.

Jazz für Kinder und Jugendliche? Natürlich so verpackt, dass alle sitzen bleiben und konzentriert zuhören, was für eine Frage!

100 Jahre Jazzgeschichte in 50 Minuten? Das ist nun wirklich kein Problem, meint Mr. Jazz. Und der muss es ja wissen. Denn mit Hilfe einer einfachen Kinderliedmelodie kann man bekanntlich Vieles erklären. Ob er es aber diesmal schafft, die MusikerInnen für ein Konzert zu begeistern?

Jon Irabagon

JON IRABAGON TRIO (US)

Fr, 3. Oktober 2014 um 19:30 Uhr, Hugo Wolf-Saal, Kulturzentrum Leibnitz

Jon Irabagon (tenor saxophone), Mark Helias (doublebass), Barry Altschul (drums)

Als Gewinner des angesehenen Thelonius Monk International Jazz Saxophone-Bewerbes 2005 in Washington machte Jon Irabagon schnell von sich reden und wurde flugs zum Objekt der Begierde sowohl im Lager der Tradition als auch in dem der Avantgarde. Heute ist der Musiker philippinischer Abstammung der Shootingstar am Saxophonhimmel, zumal er sich noch dazu einen feuchten Kehricht um die ewige Kontroverse zwischen Tradition und Avantgarde schert, sondern einfach alles kann. Und dabei noch sein eigenes Ding macht.

Über Chicago kam er nach New York, wo er heute unter anderen mit Peter Evans und Mary Halvorson spielt. Doch sein eigenes Bandkonzept erfordert Musiker an seiner Seite, die seiner druckvollen Musik bei aller Dringlichkeit auch noch Akzente zu setzen vermögen. Dafür hat der unglaubliche Virtuose in Mark Helias und Barry Altschul zwei einschlägige Größen des experimentierfreudigen Jazz in sein traditionell besetztes Saxophon-Trio geholt, zwei, die beide in den 70-er Jahren auch schon bei Anthony Braxton zur Stelle waren. Und womit Irabagon den Spagat zwischen seiner instrumentaltechnischen Finesse und einer am Rock orientierten Energie wagen kann. Um dabei mit hitzigem Ton auch schon einmal die alten Meister wie Sonny Rollins oder Albert Ayler gleichzeitig anzublinzeln. „The most fabolous high energy free boppish sax trio“, hat einmal ein Wichtiger gesagt. Trotzdem können wir Entwarnung geben: Kein Free Jazz! Einfach nur ein Strom des Bewusstseins im Sog der Musik, ein Fest der Improvisation.

David Krakauer

DAVID KRAKAUER´S ANCESTRAL GROOVE (US)

Sa, 4. Oktober 2014 um 21:30 Uhr, Hugo Wolf-Saal, Kulturzentrum Leibnitz

David Krakauer (clarinet), Keepalive (sampler), Sheryl Bailey (guitar), Jerome Harris (bass guitar), Michael Sarin (drums)

Seit mehr als zwanzig Jahren erfindet Klarinettist David Krakauer mit unglaublicher Virtuosität die jüdische Musik seiner osteuropäischen Vorfahren neu und vermischt sie mit Funk, Jazz und Hip Hop. In Gesellschaft seiner Band The Madness Orchestra, kocht der Klezmerjazz-Papst diesen Eintopf auch noch mit ansteckender Groove und freudiger Trance auf.

Das Quintett Ancestral Groove repräsentiert nun den nächsten Schritt in Krakauers einzigartiger musikalischer Evolution. Der europäischen Veröffentlichung von „Best Of“, einer Sammlung von Titeln aus Krakauers Jahren bei der renommierten französischen Plattenfirma „Label Bleu“, folgend, steht Ancestral Groove nun für Krakauer remixing Krakauer. Welch eine Vorgabe! Und Krakauer überrascht dabei mit neuen Arrangements seiner klassischen Nummern, die er mit dem urbanen Sound von DJ Olive (kein Geringerer darf es sein!) und einem elektrisierenden Quartett aufheizt. Das Programm beinhaltet auch Stücke von Krakauers neuer CD Pruflas, die wiederum eine Compilation von John Zorn-Songs ist.

Krakauer ist ein atemberaubender und extravaganter Instrumentalist, der seine Klarinette vor Erregung lachen und schreien lässt, eine Klarinette, die in einem Ton griechische Musik und im nächsten New Orleans Jazz von Sydney Bechet andeutet, dann wieder abstrakt und stilistisch nicht mehr fassbar sein kann.

David Krakauer ist die Schlüsselstelle in der Innovation der Klezmermusik. Genauso wie er als eine Hauptstimme der klassischen Klarinettenmusik gehandelt wird.

Andy Manndorff

Bild: www.osaka.at

ANDY MANNDORFF TRIO (A)

So, 5. Oktober 2014 um 19:30 Uhr, Hugo Wolf-Saal, Kulturzentrum Leibnitz

Andy Manndorff (guitar), Raphael Preuschl (doublebass), Reini Winkler (drums)

Fremde Idiome sind es ohnehin nicht, die Andi Manndorff musikalisch verwalten muss. Denn der Gitarrist, der nach sieben Jahren Amsterdam und acht Jahren New York seit langem wieder in seiner Geburtsstadt Wien lebt, ist vorwiegend sein eigener Projektherr. Wobei er sich im Duo (etwa mit Andi Schreiber oder Thomas Kaufmann) oder Trio-Format (etwa mit Lisle Ellis und Wolfgang Reisinger) am wohlsten zu fühlen scheint (Im Vienna Art Orchestra war er seinerzeit ja nur Nebenerwerbsgitarrist). Aber in welchem Idiom auch immer er sich bewegen sollte, Manndorff verliert sich niemals in jener ach so verführerischen Virtuosität, der gerade die Gitarristen des Genres sonst gerne verfallen. Dazu muss man freilich erst ein Virtuose sein, um sich das leisten zu können. Stattdessen lässt er schon eher seinen Musikern mehr Raum, um neue Pfade und Seitenwege zu erforschen.

Manndorff ist also kein Freund spektakulärer musikalischer Exegesen. Seine Musik ist eher wie eine aufregende Erkundungsfahrt mit manchmal schrägen Intonationen und eigenwilligen Details, wo es immer wieder Neues zu entdecken gibt. Ein seltener Virtuose der subtilen Erregung, hat einmal wer gesagt.

Mit seiner verblüffenden und eigenwilligen Spieltechnik hat Manndorff einen unverwechselbaren Stil entwickelt. Die „Süddeutsche“ sinnierte einst über den sensiblen Gitarristen, dass es gerade seine urpersönliche Herangehensweise sei, die ihn in die Nähe von Stilikonen wie Bill Frisell und John Abercrombie rückt.

Mit Raphael Preuschl am Bass und Reini Winkler am Schlagzeug stehen Manndorff jedenfalls zwei kongeniale Partner zur Seite, die das groove- und melodiebetonte Konzept des Trios kraftvoll und einfühlsam umsetzen.

Dee Alexander

Bild: Bryan Thompson

DEE ALEXANDER QUARTET (US)

So, 5. Oktober 2014 um 21:30 Uhr, Hugo Wolf-Saal, Kulturzentrum Leibnitz

Dee Alexander (vocals), Miguel de la Cerna (piano), Harrison Bankhead (doublebass), Ernie Adams (drums)

Beim legendären Newport Jazzfestival in Rhode Island, das heuer übrigens seinen 60. Geburtstag feierte, war sie im Vorjahr mit ihrem Quartett einer der unumstrittenen Höhepunkte. Zugabenrekord! Das will was heißen bei einer Konkurrenz, die kaum einen US-Jazzstar ausgelassen hat.

Zweifellos ist Dee Alexander auch der schillernde Stargast in Leibnitz, wozu die temperamentvolle Sängerin und Songwriterin samt ihrer Band extra aus Chicago eingeflogen kommt. Der opulente Blumenstrauß kommt frisch von der Gärtnerei Seeber.

In Chicago selbst ist man sich durchaus der internationalen Bedeutung der Sängerin bewusst. Kaum ein Festival und kaum eine Konzerthalle in der Windy City, wo die charismatische Jazzdiva nicht zu hören ist.

Das lässt auch die konservative Chicago Tribune nicht kalt, welche Dee Alexander im Jahr 2007 zur „Chicagoan of the Year“ auserkoren hat. Das Chicago Magazine reagierte prompt und bot gleich zweimal mit „The city’s best singer“ mit. Schließlich ging auch noch einer der angesehenen Chicago Music Awards in der Kategorie “Jazz Entertainer of the Year” im Jahr 2010 an unsere Dee.

So viel der Vorschusslorbeeren, die uns die schwarze Anmut aber gewiss nicht schuldig bleiben wird, ist doch für die Naturgewalt jedes Live-Konzert wie ein Hochamt des musikalischen Ehrenkodex´.

Dee Alexander ist eine variantenreiche Sängerin, deren Spektrum zwar jedes Genre der afroamerikanischen Musiktradition abdeckt, die aber unbeirrbar im Jazz zu Hause ist.

Und wirklich, Dee Alexander liefert jede stilistische Form, jedes schwarzmusikalische Idiom Note um Note mit einer Leidenschaft und Inbrunst, wie es nur jene vermögen, die als Kind diese Musik mit dem Löffel verabreicht bekommen haben.

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